Mimir – Hüter der Quelle der Weisheit und Odinberater

Der weise Mimir gehört zu den Gestalten der nordischen Mythologie.

Er ist der Hüter einer bedeutenden Quelle unter dem Weltenbaum Yggdrasil und erteilt Odin oft Ratschläge.

Wer war Mimir?

Laut nordischer Überlieferungen handelte es sich bei Mimir um einen sehr weisen Mann.

Woher Mimir stammte, blieb unklar. So lässt sich nicht sagen, ob er zum Göttergeschlecht der Asen gehörte oder von den Riesen abstammte.

Allerdings gilt die Endung „mir“ als Hinweis darauf, dass der Reifriese Ymir zu seinen Vorfahren zählte.

Die Edda als Quelle

Obwohl Mimir in verschiedenen altnordischen Texten beschrieben wurde, kamen sie bereits größtenteils in der Völuspá, die zu den ältesten Texten der Liederedda zählt, vor.

Die Wurzeln der Völuspá stammen noch aus der vorchristlichen Zeit.

Der Sage nach befand sich unterhalb des Weltenbaums Yggdrasil eine der Urquellen der nordischen Mythologie: die Quelle der Weisheit.

Unweit der Weisheitsquelle lag auch das Gjallarhorn von Heimdall, dem Wächter der Götter.

Benutzte Heimdall das Gjallarhorn, konnte es in sämtlichen Welten vernommen werden.

Mimir wiederum verwendete das Gjallarhorn dazu, um jeden Morgen aus dem Brunnen der Weisheitsquelle zu trinken. Dadurch erhielt er seine große Klugheit.

Als Hüter der Quelle der Weisheit fungierte Mimir. Ihm zu Ehren erhielt die Quelle die Bezeichnung Mimirs Brunnen.

Es wird angenommen, dass Mimir ein älterer Naturgott war, aus dem sich später ein hochintelligenter Waldgeist und Schmied entwickelte.

In der Prosaedda des isländischen Dichters Snorri Sturluson (1179-1241) werden die Angaben der Völuspá wiederholt und in einigen Punkten fortgeführt.

Demzufolge hatte die Quelle der Weisheit ihren Sitz unter Yggdrasils Wurzel. Die Wurzel erstreckte sich bis hin zu den Reifriesen.

Laut den Heldenliedern der Liederedda konnte der weise Mimir auch die Runen lesen.

In der Völuspá wird zudem erwähnt, dass Mimir Söhne hatte. Allerdings gab es keinerlei nähere Angaben über sie.

Als weitere Quelle über Mimir gilt die Yngling saga, die das erste Kapitel von Snorri Sturlusons norwegischer Königschronik bildet.

Letztendlich liefert keine dieser Quellen genaue Angaben darüber, woher Mimir stammte und ob er nun ein Riese oder ein Gott war.

Es ist möglich, dass es sich bei ihm um den Sohn des Vorzeitriesen Bölthorn handelte.

Bölthorn war wiederum der Vater von Bestla, der Mutter von Göttervater Odin. In diesem Fall wäre Mimir ein Onkel Odins gewesen.

Mimir bei den Asen und Wanen

In der Nähe von Odin lebte Mimir zunächst in Asgard bei den Asen.

Zeitweise verbrachte der weise Mann sein Leben aber auch als Geisel bei den Wanen, die ebenfalls ein Göttergeschlecht der Wikinger bildeten.

Zwischen Wanen und Asen herrschte eine Zeitlang Krieg, weil die Asen sich an der Göttin Gullveig vergriffen hatten, die zu den Wanen gehörte. Dieser Krieg galt als Ursprung sämtlicher Kriege und wurde erbittert geführt.

Am Ende verloren die Asen diesen Konflikt und es wurden Geiseln ausgetauscht, zu denen u. a. Mimir und der schöne Gott Hönir gehörten.

An ihrer Stelle begaben sich die Wanen Freyr und Njörd zu den Asen als Geiseln. So zog es Mimir nach Wanenheim, der Hauptstadt der Wanen.

Im Laufe der Zeit bemerkten die Wanen, die vor lauter Begeisterung über Hönirs Stattlichkeit diesen zu ihrem Häuptling ernannt hatten, dass der Gott keinerlei Entscheidungen treffen konnte, wenn nicht Mimir bei ihm war.

Hönir bat dann darum, dass andere für ihn eine Entscheidung treffen sollten. So wurde den Wanen schließlich klar, dass Hönir zwar ein gutaussehender, stattlicher Mann, aber zugleich auch überaus inkompetent war.

Aus diesem Grund fühlten sich die Wanen von den Asen betrogen und sannen auf Rache.

Um die Rache zu erfüllen, schlugen sie Mimir seinen Kopf ab und sandten ihn danach zu den Asen. Damit brachten sie ihren Kontrahenten ihren Unmut zum Ausdruck.

Mimirs Kopf und Odin

Mimirs Kopf wurde Odin persönlich überbracht.

Odin wusste jedoch, dass er von Mimir noch immer weisen Rat erhalten konnte.

Deswegen verzichtete er auf einen neuerlichen Konflikt mit den Wanen und tat alles, um Mimirs Haupt zu erhalten, indem er es mithilfe spezieller Kräuter davor bewahrte, zu verwesen.

Eines Tages gelang es Odin sogar durch einen Zauber, mit Mimirs Kopf zu sprechen. So stieg Mimirs Haupt schließlich zum bedeutendsten Berater des Göttervaters auf.

Immer wieder half Mimir Odin durch seine weisen Ratschläge aus schwierigen Situationen.

Daher trug der Göttervater Mimirs Haupt stets bei sich. Dadurch konnte er schwierige Probleme jederzeit mit seinem Ratgeber besprechen.

Mimirs Brunnen

Mimir galt als das weiseste Wesen von allen.

Eines Tages gelangte Odin zu der Ansicht, einen Wächter für einen der drei Brunnen, der sich unterhalb des Weltenbaums Yggdrasil befand, zu benötigen.

Gemeint war damit die Quelle der Weisheit. Bei den beiden anderen Brunnen handelte es sich um den Urdbrunnen und die Quelle Hvergelmir.

So beschloss der Göttervater, Mimirs Kopf unterhalb Yggdrasils zu begraben.

Auf diese Weise konnte Mimir sowohl die Wurzel des Weltenbaums als auch den heiligen Brunnen beschützen.

Der Brunnen erhielt die Bezeichnung Mimirs Brunnen und wurde seither als Quelle der Weisheit gepriesen.

Immer, wenn Odin Mimirs Rat brauchte, ritt er zu ihm und erhielt von ihm Weisheit.

Sogar ein Auge opferte Odin Mimir als Pfand, damit er einen Trank aus dem Brunnen erhielt, der ihm seherische Gaben verlieh.

Eines Tages gelang es dem Göttervater, die Runen zu erlangen, indem er neun Tage lang am Baum Yggdrasil hing.

Danach begab er sich zu Mimirs Brunnen, in dem sich sein Auge befand und tauschte es gegen die Runen ein.

Außerdem verlieh Mimir Odin die Weisheit zur Deutung der Runen.

Die Wasserläufe, die aus der Quelle rannen, wurden als Mimirs Söhne gedeutet.

Letzte Beratung vor dem Ragnarök

Als sich Ragnarök, die Götterdämmerung, abzeichnete, verlor auch Mimirs Brunnen an Weisheit.

Zum letzten Mal suchte Odin vor der finalen großen Schlacht Mimir auf, um von ihm Rat zu erhalten, was zu tun sei.

Antwort erhielt er jedoch nicht mehr und das Ende der Götter nahm unaufhaltsam seinen Lauf, was auch Odins und Mimirs Untergang bedeutete.

Am Ende entstand eine vollkommen neue Welt.

Erinnerungen an Mimir

Es gab einige Ortsnamen, die an die Legenden Mimirs erinnerten.

Zum Beispiel hieß Minden in Westfalen in früheren Zeiten Mimidun.

Der alte Name von Münster, das ebenfalls in Westfalen liegt, lautete Mimigardiford und Mimileba war die alte Bezeichnung für Memleben an der Unstrut.

Nicht zu verwechseln ist Mimir mit dem gleichnamigen Schmied Mimir oder Mime, der in der Siegfried-Sage auftrat.