Yggdrasil – die Weltesche in der germanischen Mythologie

Yggdrasil, die Weltesche der germanisch-nordischen Mythologie
Yggdrasil – Weltesche

In der nordischen Mythologie ist Yggdrasil der Weltenbaum.

Die Weltesche stellt das Universum dar.

Die Bedeutung Yggdrasils

Durch Yggdrasil wird das Weltbild der nordischen bzw. germanischen Mythologie übersichtlich erklärt. Zahlreiche Kulturen griffen bei ihren Mythen und Sagen auf Bäume zurück und verwendeten sie symbolisch für ihre Vorstellungen. Zum Beispiel galten die Bäume als Zeichen für Leben und Fruchtbarkeit.

Darüber hinaus wurden sie als verbindendes Glied zwischen Göttern und Menschen angesehen. Die nordisch-germanische Mythologie griff dabei auf die immergrüne Weltesche Yggdrasil zurück.

Der Name Yggdrasil

Der Begriff Yggdrasil setzt sich aus den altnordischen Wörtern „Ygg“ (Schrecken oder Furcht) sowie „Drasill“ (Pferd) zusammen. So kam es häufig zur Definition von Yggdrasil als „Odins Pferd“ oder „Pferd des Schrecklichen“, was eine Gleichsetzung mit Göttervater Odins Pferd bedeutete.

In der Havamal der Lieder-Edda hing ein Mann, der in der Regel mit Odin gleichgesetzt wurde, gekreuzigt neun Nächte an einem Baum, bei dem es sich wohl um Yggdrasil handelte, wobei Odin ein Selbstopfer darbrachte.

In späteren Zeiten bezeichneten die Nordgermanen, Deutschen oder Engländer den Baum als Ross und den an ihn Gehängten als Reiter. Auf diese Weise entstand die Deutung Yggdrasils als „Galgenbaum“ oder „Schreckensbaum“.

Die Weltesche als erster Baum aller Zeiten

Laut der Edda wurde das Weltall von Odin und seinen Brüdern geschaffen. Sie waren auch für das Entstehen des ersten Menschenpaares Ask und Embla verantwortlich, die sie aus dem Holz von zwei Baumstämmen erschufen. Ansässig waren die Menschen in Midgard.

Ask und Embla liebten einander sehr. Es nahm nicht viel Zeit in Anspruch, bis sie eine gute Familie hervorbrachten, sodass viele Menschenkinder entstanden. Darüber hinaus sorgten sie dafür, dass Tiere und Pflanzen in Midgard gut gedeihen konnten.

Die Riesen in Midgard

Die Menschen waren jedoch nicht die einzigen Bewohner von Midgard, denn auch die Riesen hatten dort ihre Heimat.

Urahnen der Riesen waren Birgelmir und dessen Frau, die neue Generationen von Riesen erzeugten.

Die Zwerge

Die Gebirge Midgards wurden von den Zwergen bewohnt, die im Laufe der Zeit an Bedeutung gewannen.

Sowohl mit den Menschen als auch mit den Riesen verstanden sie sich gut. Vor allem die Alben hatten es ihnen angetan. Infolgedessen gab es viele Ehen zwischen Zwergen und Alben.

Asen und Wanen

Das Göttergeschlecht bestand aus den Asen und den Wanen, die oft Bündnisse miteinander eingingen.

Bei den Wanen handelte es sich um das ältere Göttergeschlecht, doch waren die Asen größer in ihrer Anzahl.

Die Wanen galten als Natur-Erdgötter, während die Asen Herrscher und Krieger waren.

Ymir und das Entstehen der Weltesche

Vor dem Entstehen des neuen Riesengeschlechts durch Birgelmir gab es noch ein weiteres Riesengeschlecht. Dessen Urahn hieß Ymir. Im Unterschied zu den anderen Riesen war Ymir jedoch zutiefst böse.

Eines Tages wurde Ymir von Odin und den anderen Göttern Vili und Vé getötet. Daraufhin beschlossen die Götter, aus Ymirs Überresten die Welt zu erschaffen. So wurde Ymirs Fleisch zur Erde und sein Blut zu den Ozeanen. Aus seinen Knochen entstanden die Berge und aus seinen Augenbrauen bildeten die Götter Midgard. Schließlich schufen sie aus Ymirs Schädel den Himmel. Außerdem entstanden aus Ymirs Gehirn die Wolken, während seine Haare und Wimpern zur Erschaffung der Bäume Verwendung fanden.

Bei einem dieser Bäume handelte es sich um eine immergrüne Esche. Im Unterschied zu den anderen Bäumen beschleunigte sich ihr Wachstum kontinuierlich, sodass ihre Krone letztlich weit in dem Himmel empor stieg. Die Wurzeln der Esche drangen tief unter die Erde ein. Dieser Baum erhielt den Namen ‚Yggdrasil‘.

Die Weltesche wurde fortan als Mittelpunkt des Kosmos sowie sämtlicher Sphären angesehen. Diese Überlieferung erfolgte durch die Lieder-Edda oder ältere Edda, die im 13. Jahrhundert entstanden sein soll. Weitere Erzählungen und Ausschmückungen von Yggdrasil wurden in der Snorra-Edda aufgeführt.

Der prächtigste und größte Baum der Welt

Yggdrasil war nicht nur der erste Baum, der wuchs, sondern auch der größte und prachtvollste. Über alle neun Welten konnten sich die Äste der Esche ausbreiten. Auf dem Geäst nahm ein Adler, der keinen Namen trug, Platz. Zwischen seinen Augen befand sich ein Habicht namens Vedrfölnir.

Insgesamt verfügte Yggdrasil über drei Wurzeln. Eine davon erstreckte sich nach Jötunheim, der Riesenheimat, in der auch Mimirs Brunnen lag.

Die zweite Wurzel nahm ihren Weg nach Niflheim mit der Quelle Hvergelmir. Dort befand sich auch der Drache Nidhöggr, der an der Esche nagte.

Die letzte Wurzel war in Asgards Nähe untergebracht. Zwischen den Wurzeln und der Baumkrone tummelte sich das Eichhörnchen Ratatöskr. Dabei verbreitete es überall üble Nachrede.

Die Triebe der Weltesche wurden von den Hirschen Dunneir, Dwalin, Durathor und Dain gefressen. Außerdem nagten die beiden Schlangen Goin und Moin an Yggdrasils Wurzeln.

Unterhalb der Baumzweige saßen die Götter zu Gericht. Am unteren Ende der Weltesche befand sich außerdem der Urdbrunnen. Dort residierten die drei Nornen Werdandi (das Werdende), Urd (das Gewordene) und Skuld (das Kommende). Sie legten das Schicksal der Menschen fest.

Begann Yggdrasil zu welken oder zu beben, war dies das Vorzeichen für Ragnarök, das Ende der Welt.

Die drei Ebenen von Yggdrasil

Die Edda ordnet spezielle mythische Orte jeweils einer Welt zu. Wie die neun Welten, für die Yggdrasil stand, hießen, wurde darin jedoch nicht erwähnt. Aus diesem Grund gibt es mehr als neun Weltennamen.

Bei den drei Ebenen der Weltesche handelt es sich um die Oberwelt, die Erde und die Unterwelt.

Yggdrasils erste Ebene

Zu Beginn der Zeiten herrschte noch Frieden und Einigkeit zwischen Göttern, Menschen, Riesen und Zwergen. So konnten sie alle in Midgard leben und sich gut vermehren.

Als sich jedoch der Lebensraum immer mehr verkleinerte und die Anzahl der Wesen immer weiter anstieg, gab es Streitigkeiten, weil Midgard allmählich zu eng wurde. So wuchs die Feindschaft unter den Bewohnern der Erde, weil jeder nach seinem eigenen Reich trachtete.

Besonders von den Riesen wurden die Menschen immer wieder herausgefordert. Es war den Riesen ein großer Spaß, Panik unter den Menschen zu verbreiten.

Diese Entwicklung missfiel Göttervater Odin, sodass er mit einem Rest aus Ymirs Wimpern einen schützenden Wall aus Wäldern und Flüssen errichtete. Außerdem umgab der Ozean Midgard komplett.

Außerhalb der Meere wurde Jötunheim geschaffen, das fortan zum Reich der Riesen wurde. Deren Anführer, der Utgardaloki erhielt mit Utgard sein eigenes Reich. Die Feuerriesen, die eine eigene Riesenart bildeten, gingen nach Muspelheim.

Auf diese Weise hatte Odin die erste Ebene Yggdrasils erschaffen.

Die Unterwelt

Als die Wurzeln Yggdrasils unaufhörlich wuchsen, verschwanden sie in die Untiefen. Dabei wurde Niflheim mit in die Tiefe gezogen und gelangte an den Kreuzungspunkt der drei Wurzeln. Es war das Land von Eis und Nebel, in dem meist tiefste Finsternis herrschte.

Zu einem späteren Zeitpunkt wurde Niflheim Teil von Helheim, der nordischen Unterwelt. Regentin von Helheim war die Göttin Hel, die Tochter von Loki.

Nach Helheim kamen all jene Toten, die nicht im Kampf gefallen waren. Tote reinen Herzens wurden Bestandteil des Lichtes, während die schlechten in ewiger Finsternis endeten.

Die Toten, die nicht weiterlebten, wurden zur Beute des Drachen Nidhöggr. Weil Nidhöggr aus Hass den Untergang Yggdrasils ersehnte, fraß er auch an den Wurzeln des Weltenbaums.

Urdbrunnen

Doch auch wenn Nidhöggr immer wieder an den Wurzeln von Yggdrasil nagte, konnten die drei Nornen die Wunden des Weltenbaums stets heilen, indem sie ihm Wasser von den heiligen drei Quellen gaben. Sie hatten ihren Sitz am Urdbrunnen und webten von dort aus die Fäden des Schicksals.

Neben dem Urdbrunnen gab es noch die Quelle Hvergelmir als brausenden Kessel voller Gift, die Hel zu etwas Wärme verhalf, sowie Mimirs Brunnen. Dieser galt auch als Brunnen der Weisheit und wurde von Mimir gehütet. Mimir fungierte zudem als Berater von Odin und wurde ‚Weisester der Weisen‘ genannt.

Schwarzalbenheim

Etwas über Niflheim fanden die Zwerge zusammen mit den Dunkelalben eine neue Heimat in den Tunneln und steinernen Höhlen von Nidavellir.

Weil sich Zwerge und Dunkelalben jedoch auf Dauer nicht vertrugen, gründeten die Dunkelalben schließlich mit Schwarzalbenheim ein neues Reich, während die Zwerge weiterhin Nidavellir besiedelten.

Die Oberwelt von Yggdrasil

Auch die Götter gründeten ihr eigenes Reich außerhalb von Midgard, obwohl Odin sich weiterhin häufig unter den Menschen aufhielt, um sie zu beobachten.

Die Heimstatt der Götter wurde auf die Krone Yggdrasils verlegt und trug den Namen Asgard. Dort ließ sich der Göttervater mit den Asen und Wanen nieder.

Ferner schuf Odin Walhall, in dem die tapfersten gefallenen Krieger von Midgard ihre letzte Ruhestätte fanden.

Wanenheim und Albenheim

In Asgard konnte jeder Gott seinen eigenen Palast beziehen. Mit der Zeit füllte sich Asgard jedoch zusehends, wodurch es immer wieder zu Konflikten zwischen Asen und Wanen kam. Odin war daher gezwungen, einen starken Schutzwall um Asgard herum anzulegen.

Anschließend wurde außerhalb Asgards das neue Wanenreich Wanenheim (Vanaheimr) gegründet.

Den Wanen schlossen sich die Lichtalben an, die als Schützer der Natur galten und Pflanzen und Tiere bewachten. Deren neue Heimstätte lag unter Asgard und Wanenheim und erhielt die Bezeichnung Albenheim.

Die Bifröst-Brücke

Um Asgard mit Midgard zu verbinden, ließ Odin die Regenbogenbrücke Bifröst anlegen.

Von der Königsburg aus war es nun möglich, direkt zur Welt der Menschen zu gelangen.

Die Wache der Bifröst-Brücke übernahm Asengott Heimdall.

Yggdrasils Ende

Als es zum Ragnarök, dem finalen Kampf zwischen Göttern und Riesen kam, bedeutete dies auch das Ende des Weltenbaumes Yggdrasil.

Doch der Untergang der immergrünen Esche führte letztlich zum Aufstieg einer neuen und gereinigten Welt.