Die Snorra-Edda

Bei der Snorra-Edda handelt es sich um ein bedeutendes literarisches Werk über die nordische Mythologie.

Ihr Verfasser war der isländische Historiker und Dichter Snorri Sturluson.

Was ist die Snorra-Edda?

Die Snorra-Edda ist auch unter den Bezeichnungen „Jüngere Edda“ oder „Prosa-Edda“ bekannt.

Zunächst trug das Handbuch für höfische Dichter in Skandinavien einfach nur den Titel „Edda“.

Die Bezeichnung Snorra-Edda entstand, um die Schrift besser von der Lieder-Edda unterscheiden zu können.

Das dichtungstheoretische Werk, das aus dem 13. Jahrhundert stammte, gilt als eine bedeutende Quelle für die nordische Mythologie.

Als Verfasser der Snorra-Edda zeichnete der isländische Dichter und Historiker Snorri Sturluson (1179-1241) verantwortlich, der auch als Politiker tätig war.

Snorri Sturluson

Snorri Sturluson wurde 1179 im isländischen Reykholt geboren und entstammte dem Geschlecht der Sturlungar.

Wie es in jener Zeit üblich war, erhielt der junge Snorri ab dem Alter von drei Jahren im südisländischen Oddi eine Erziehung bei den Knappen der Ritterschaft durch den einflussreichen Jon Loptsson (1124-1197), der zu den klügsten Männern Islands zählte.

Im Rahmen seiner Erziehung erhielt Snorri Sturluson Unterricht in Lesen, Schreiben, isländischem Recht, Latein, Geographie und Theologie.

1199 trat Sturluson in den Stand der Ehe und kam dadurch zu größerem Wohlstand. Von seinem Schwiegervater erbte er den Titel eines Goden.

Als Sturlusons Ehe mit Herdis Bersadottir 1206 scheiterte, begab er sich für den Rest seines Lebens nach Reykholt. 1224 heiratete er erneut.

Außerdem betätigte Sturluson sich erfolgreich als Politiker und seine Familie gehörte zu den einflussreichsten in Island.

Zweimal hatte er das Amt des Gesetzessprechers inne.

Darüber hinaus unternahm Sturloson mehrere Reisen nach Norwegen.

1239 wurde er in einen erfolglosen Aufstand gegen den norwegischen König Hakon Hakonarson (1204-1263) verwickelt.

Trotz Verbots des Königs kehrte Sturluson nach Island zurück.

Dort wurde er am 23. September 1241 im Auftrag von Hakon Hakonarson in Reykholt zusammen mit einigen seiner Söhne ermordet, da ihn der König des Landesverrats für schuldig erachtete.

Entstehung der Snorra-Edda

Um 1220 bis 1225 hatte Snorri Sturluson die Snorra-Edda zu Papier gebracht.

Es existieren mehrere Abschriften.

Noch heute befindet sich die älteste Abschrift der Snorra-Edda aus dem 14. Jahrhundert in der Universitätsbibliothek im schwedischen Uppsala.

Von Sturluson wurde die Snorra-Edda in vier Abschnitte unterteilt. Dies sind der Prolog, die Gylfaginning, die den Hauptteil der Edda bildet, die Skaldskaparmal mit Theorie und Praxis der Kenningar, sowie das Hattatal, das einen größeren Kommentar von Sturluson enthält.

Inhalt der Snorra-Edda

Die Snorra-Edda diente eigentlich als Anleitung zur Skaldendichtung.

Bei der Skaldik handelt es sich um eine alte, überaus komplexe Dichtungsform mit strengen Regeln.

Durch die Edda wollte Snorri Sturluson verhindern, dass die Skaldik in Vergessenheit geriet.

Dabei erklärte er u. a. die bedeutendsten Stilmittel wie die Heiti und die Kenningar, die als Umschreibungen für Wörter und Namen Verwendung fanden.

Die Grundlagen dieser Umschreibungen basierten klassischerweise auf der nordischen Mythologie.

Zu Beginn der Snorra-Edda, dem Prolog, erklärt Sturluson die Gründe für die Verehrung der Asen als nordische Götter.

Am Anfang erschuf Gott die Erde. Als er die Menschheit mit der Sintflut strafte, geriet er in Vergessenheit.

Im Laufe der Zeit glaubten die Menschen jedoch wieder an ein höheres Wesen wie Gott, weil es etwas geben musste, das für das Gleichgewicht der Natur sorgte.

Es entstanden zahllose Völker und Sprachen.

In Asien wurde die große Stadt Troja errichtet, deren König den Namen Priamos trug. Sein Enkel wurde Thor (Wettergott) genannt.

Von jenem Thor stammten 18 Generationen des Kriegsgottes Odin ab.

Nach dem Fall von Troja wanderten die Asienleute nach Jütland aus, wo sie das Königsgeschlecht der Ynglingar begründeten.

Von den Einheimischen wurde die Sprache der Asienleute übernommen.

Nicht wenige der früheren Forscher waren sich nicht darüber im Klaren, ob der Prolog tatsächlich von Sturluson stammte oder schon vorher Teil der Edda war. Diese Zweifel konnten jedoch später widerlegt werden.

Der Prolog erklärt, wie die heidnischen Religionen gebildet wurden, wobei das christliche Weltbild als Grundlage diente.

Gylfaginning und Skaldskaparmal

Der Prolog ist auch für den zweiten Abschnitt der Snorra-Edda, das Gylfaginning (Täuschung von Gylfi), von Bedeutung.

Darin beschreibt Sturluson die magischen Kräfte und Fähigkeiten der Asen.

Obwohl es sich bei ihnen um Menschen handelte, erhielten sie Verehrung als Götter.

In der Erzählung kommt es zu einem Zusammentreffen zwischen Gylfi und drei Göttern.

Gylfi stellt den Göttern Fragen über die heidnischen Glaubensformen. Dabei erhält er zahlreiche Informationen über die nordische Mythologie.

Einen weiteren Abschnitt der Snorra-Edda stellt die Skaldskaparmal dar. Im Mittelpunkt steht die Technik der Skaldik, die durch eine Vielzahl von Beispielen erklärt wird.

Dabei befasste sich Sturluson auch mit den unterschiedlichen Mythen, die die Grundlage einer Kenning bildeten.

Den Abschluss der Snorra-Edda markiert das große Beispielgedicht Hattatal, das zur Lobpreisung des Jarls Skuli sowie von König Hakon dient.

Es umfasst 102 Strophen sowie einhundert unterschiedliche Versformen.

Wegen der Komplexität von Form und Inhalt erscheint das Hattatal in kaum einer Snorra-Edda-Übersetzung.

Erhaltene vier Handschriften

Bis in die Gegenwart sind vier Handschriften der Snorra-Edda erhalten geblieben.

Keine davon entstand noch zu Sturlusons Lebzeiten. So wurde die erste Schrift, Codex upsaliensis, um 1300 verfasst.

Am besten erhalten ist noch der Codex Regius der Snorra-Edda von 1325.

Weitere Abschriften sind der Codex Wormianus von 1350 sowie der Codex Trajectinus von ungefähr 1600. Dessen Pergamentvorlage wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert gefertigt.

Die Bezeichnung Edda

Der Name Edda soll angeblich von Snorri Sturluson selbst stammen.

Die Übertragung des Namens erfolgte später auf die Lieder-Edda.

Aus dem Jahr 1300 stammt die Schrift mit dem Titel „Dieses Buch heißt Edda“.

Bis in die Gegenwart ist umstritten, welche Bedeutung der Name Edda hat.

Zu den möglichen Thesen zählen die altisländische Bezeichnung für Urgroßmutter, das Ableiten des altisländischen Wortes „oor“ als Lehre der Dichtung oder eine lateinische Ableitung von edo, was „ich dichte, ich teile oder ich verkünde“ bedeutet.

Ebenso möglich ist eine Widmung an Sturlusons Wohnort Oddi.

Weitere Werke Sturlusons

Weitere Werke aus der Feder von Snorri Sturluson waren der Weltenkreis (Heimskringla), eine Chronik über die Könige Norwegens, die Saga von Olaf dem Heiligen sowie die biographische Isländersaga „Egils saga Skallagrimssonar“ über das Leben des Skalden Egill, der zu Sturlusons Vorfahren gehörte.